Neues aus dem Arbeitsrecht: Urteilsbegründung zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 13.09.2022 beschlossen, dass auch in Deutschland die gesamte Arbeitszeit von Arbeitnehmern aufzuzeichnen ist und folgt damit dem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 14.05.2019
Arbeitgeber sind demnach gemäß § 3, Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verpflichtet, ein System bereitzustellen, mit dem die von Arbeitnehmern erbrachte Arbeit erfasst werden kann.

Hier der Beschluss des BAG vom 13.09.2022 im Wortlaut:
www.bundesarbeitsgericht.de/2022/12/Arbeitszeiterfassung

Hier die Entscheidungsgründe des BAG:
www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/1-abr-22-21/

Hier die FAQ-Liste des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales dazu, Stand 07.12.2022:
www.bmas.de/Arbeitsrecht/Arbeitszeitschutz/Fragen-und-Antworten/faq-arbeitszeiterfassung

Dieses Urteil hat auf Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite für viel Aufsehen und auch Aufregung gesorgt, da es für die heutige Arbeitswelt weder zeitgemäß noch praxisnah ist und für alle Seiten eher einen Rückschritt bedeutet. Zugespitzt formuliert wird damit die heutzutage vielfach eingeführte Vertrauensarbeitszeit ad absurdum geführt.

Die Begründung des BAG wurde daher mit Spannung erwartet und liegt nun seit 02. Dezember 2022 vor, hier einige Stimmen der Presse und Fachportale mit Zusammenfassungen dazu:

personalwirtschaft.de:
www.personalwirtschaft.de/news/arbeitsrecht/so-begruendet-das-bag-sein-grundsatzurteil-zur-arbeitszeiterfassung
rp-online.de:
rp-online.de/arbeitszeiterfassung-so-soll-zeiterfassung-in-betrieben-funktionieren
hrworks.de:
www.hrworks.de/news/das-bag-urteil-zur-zeiterfassung-was-jetzt-auf-unternehmen-zukommt/
cmshs-bloggt.de:
www.cmshs-bloggt.de/arbeitsrecht/arbeitszeiterfassung-fuer-alle-bag-erlaesst-wegweisenden-beschluss

Die wichtigsten Punkte aus Beschluss und Begründung:

– die Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit gilt ab sofort = seit 13.09.2022
– erfasst werden müssen Beginn, Ende = Dauer der Arbeitszeit, wohl auch die konkreten Pausen
– die Pflicht zur Zeiterfassung gilt für alle Arbeitnehmer, wohl aber nicht für leitenden Angestellte
– gibt es einen Betriebsrat, so ist dieser bei der Ausgestaltung zu beteiligen

Wenn man die Stimmen und die Stimmungslage in den Unternehmen verfolgt, bleibt eine große Uneinigkeit in der Bewertung des Urteils für den Arbeitsalltag. Die einen sehen es als Rückschritt für die moderne Arbeitswelt, die anderen sehen es als Chance für Unternehmen.
Das mehrfach verwendete Wörtchen „wohl“ signalisiert zudem, dass so einige Punkte auch jetzt nicht zweifelsfrei zu interpretieren sind – es bleibt also einiges an Unsicherheit!

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